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AutorenbildAlinaB77

SEHNSUCHT

Aktualisiert: 15. März 2022

Nicht alles um uns herum besteht aus menschlicher Vernunft. Ich höre am liebsten dem

zu was die Leute gar nicht sagen. Ich beobachte ihre Körper, die eine ganze andere

Sprache sprechen als ihre Stimmen. Ich nehme eine bestimmte Geste wahr, ein Blick,

oder ich beobachte die Füsse, die wenn man sich auf sie konzentriert wirklich lustige vom

Rest des Körpers abgeschnittene Bewegungen machen. Die digitale Epoche lässt uns

vergessen, dass wir körperlich und verletzbar sind. Wir möchten die Störung auf dem

Bildschirm beheben, hantieren an der Steckdose und bekommen einen Stromschlag.

Vielleicht wollten wir ja einen Stromschlag bekommen um uns wieder zu spüren. Wir

gehen joggen. Manchmal, viel zu selten tanzen wir zur Musik. Wir umarmen unsere Kinder, unseren Partner, unsere Freunde. Wir sind nicht körperlos, wir vergessen unseren Körper nur oft, weil das sich Berühren, Begehren und wirklich Begegnen im Irrgarten der

Urbanität zu viel Zeit kostet und zudem nicht selten das Gegenüber irritiert. Kein

Mensch rechnet heut zu tage noch mit einer spontanen Berührungen. Immer auf dem

Sprung, auf dem Pfad der Optimierung. Aber die Sehnsucht ist da und sehr präsent, diese

unbestimmte Sehnsucht die ein jeder mit sich herum trägt und die man in bestimmten

Momenten hervorblitzen sieht. In einem traurigen, sich an die Welt verlierenden Blick

zum Beispiel. Die Aufgabe ist es vermutlich sich und die anderen Wahrzunehmen, was

entgegen des politischen Systems läuft, was Risiko und Mut aufbringen bedeutet.

In uns allen lebt ein heimatloses Tier das keine Kultur und Vernunft kennt und ein

wummerndes kurioses Herz hat, das hungrig schlägt und auf der Lauer liegt.


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