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AutorenbildAlinaB77

Alltägliches

Aktualisiert: 20. Jan. 2019


Ich möchte für immer hier sitzen bleiben, nachdenken und

schreiben. Draußen ist eine Hitze mitten im Oktober. Inzwischen müsste jedem klar sein

das man nicht ewig Bäume fällen kann. Obwohl diese Sonne im

Oktober ja auch was Schönes hat. Licht zum

Beispiel. Viel Licht für unsere müden Knochen, eins A Vitamin D.

Ich sollte mich kurz auf den Balkon setzen. Ein bisschen Licht

würde mir gut tun. Aber ich muss jetzt aufhören zu schreiben und endlich

anfangen aufzuräumen. Da liegt eine nasse Schlafanzughose auf dem

Dielenboden neben dem

Bett meines Sohnes und sofort mache ich mir Sorgen über die Seelenlage meines

Sohnes. Geht es ihm gut, frage ich mich. Hätte ich ihn gestern

lieber nicht mit in dieses Helloweengeschäft nehmen sollen? Diese

blutigen Fratzen, Totenköpfe, dieser ganze blutverschmierte Firlefanz.

Oder liegt es daran das er in der Schule Ärger hat? Die „Zweitis“, sagt er,

seien gemein. Sie würden immer grundlos alle „Erstis“ verprügeln.

Die „Viertis“ und„Fünftis“ seien ganz OK. Außerdem habe die Klassenlehrerin

ihm mitgeteilt, er käme in eine andere Klasse, wenn er nicht bald

„Kücken“ schreiben kann. Seid wann muss man in der ersten

Klasse schreiben und lesen können? Aber diese Woche, so er,

stehe er nicht an der Tafel. Was soll das heißen, frage ich. Die

Namen der Kinder welche die Woche über nicht gut mitgearbeitet

haben, oder sonst wie schlecht aufgefallen sind stehen an der

Tafel. Und weiter frage ich. Nix weiter sagt er, die bekommen halt

keine Süßigkeit aus der Schüssel. Schüssel, was für eine Schüssel?

Mein armer Junge denke ich, wird in der ersten Klasse schon so

dermaßen unter Druck gesetzt, das er zur Belohnung für sein

vieles Lernen unbedingt ein „Transformersauto“ haben muss. Die

beanspruchten Nerven liegen blank, was zu unvorhergesehenen

Weinanfällen oder zum extrem Schlechtgelaunt sein führt.

Willkommen im Kapitalismus. Willkommen in der

Leistungsgesellschaft. Das kann doch wohl alles nicht wahr sein.

Ich muss einen Termin mit der Lehrerin vereinbaren. Aber vorher

muss ich aufräumen, einkaufen, Steuerunterlagen

zusammensuchen, meine Mutter anrufen, meine Nägel schneiden

und das Klopapier, ich darf das Klopapier nicht vergessen!


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