Ich sage in die Runde. Ich war gestern bei Georgette Dee in der
Bar jeder Vernunft, das war ganz toll. Meine Hand wandert
ungefragt auf mein Herz. Super, sagen die Leute und wer ist
Georgette Dee? Ihr kennt Georgette Dee nicht? Nein sagen die
Leute und machen weiter mit dem was sie zuvor gemacht haben,
nämlich nicht zu zuhören. Ich sage, Georgette Dee ist eine
Künstlerin, ein Mann der mehr von der Frau und der Liebe
versteht als ihr alle zusammen. Fragende Blicke, einer gibt einen
Tsss- Laut von sich. Ich erzähle von dem Abend. Ich sage dort
vorne auf der Bühne stand, sang und redete ein Mensch, der
wirklich etwas erfahren hat, vor dessen Hingabe zum Leben und
der Liebe und dem Mut das zu veräußern ich nur staunen und
mich niederknien möchte. In das unterdrückte Gähnen einer
meiner Freunde hinein rede ich einfach weiter. In dieser kühlen,
durchtechnisierten, moralischen Regelbetriebsumgebung, in der
alle nur noch seelenlos funktionieren, keiner mehr weiß wo oben
und unten ist, in der sich jeder vor sich selber und den anderen
versteckt, jeder zu jeder Zeit die Kontrolle haben möchte, in der
eine Gefühlsregung gleich kommt mit der Gefahr eines steilen
Abhangs vor der Haustür, in dieser Eiseskälte all überall, kam mir
der Abend, wie eine zweistündige Umarmung vor. Die Leute
verdrehen ihre Augen. Wirklich sage ich mein Körper wurde
warm, also meine Füße die eigentlich immer... Ja, ja, sagen die
Leute komm mal zum Punkt! Für Zwei Stunden fühlte ich mich
aufgehoben mit meinen Geheimnissen, meinen wenn auch nur
erdachten Leidenschaften meinen Gefühlen die ich manchmal
nicht verstehe und oft genug unterdrücke, weil ich im Grunde
ganz einfach dazu gehören will zu dieser Gesellschaft die uns alle
zu Schafen macht, jeder von euch ist übrigens nix anderes als ein
Schaf. Oder in den Worten von Wilhelm Genanzino:„ Heute kann
kein Mensch mehr den Druck gesellschaftlicher Verhältnisse
widerstehen. Sie fegen über ihn hinweg und vernichten ihn. Sie
lassen ihn gesichtslos, namenlos, lediglich als ihr Instrument
zurück.“ OK, sagen die Leute und so etwas wie eine Ratlosigkeit
macht sich in ihren Gesichtern breit. Unter all meinen unzähligen
Pseudoschichten, redete ich einfach weiter, gibt es etwas
unkontrollierbares, eine Art Tierchen das ganz pathetisch,
bedürftig, sinnlich, sexuell und wahnsinnig naiv ist. Das muss es in
euch doch auch geben? Es sprang mich an diesem Abend etwas an,
in mich hinein, sorgte für Wirbel streichelte mein Tierchen und
das Schnurren das konnte ich aus den tiefsten Tiefen meines
Bauches spüren, das war sehr angenehm. Vielleicht ist es auch die
Mischung aus Intellekt und Leidenschaft, diese zwei Pole die im
dauer Kriegszustand liegen und wir wissen alle wer am Ende das
Rennen macht... Aber wie Georgette Dee diesen Zustand aufleben
lässt und dabei singt und ihre weißen Haare aus ihrer hohen
Männerstirn schiebt ist einfach göttlich. Das ist doch schön, sagen
die Leute, dann schreib doch einen Text darüber. Das mache ich
auch sage ich. Trotz einer kleinen Überwindung drücke ich zum
Abschied jeden einzelnen von ihnen ganz fest an mich als wäre es
das letzte mal. Dann gehe ich noch ein Paar Schritte an der Spree
entlang, und versuche mit einem Blatt das auf dem Wasser treibt
Schritt zu halten, aber ich bin zu langsam, oder die Strömung ist
zu stark. Ich könnte jetzt mit einem gewagten „Köpper“ ins
Wasser springen, aber „Das tut man nicht!“.
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